Corona: Indien zwischen Spiritualität und Bildung

UPDATE: Am Ende des Artikels habe ich Möglichkeiten zur Spende für die Bekämpfung von Corona in Indien hinzugefügt, damit jede:r selbst einen Beitrag leisten kann; sei es nur ein kleiner, der sich durch die Beteiligung vieler auf einen großen summieren kann.

Die aktuellen Entwicklungen in Indien bezüglich der Corona-Infektionen sind ein schreckliches Beispiel dafür, wenn es in einem ganzheitlichen System von Yin und Yang an einem der beiden Komponenten fehlt. Indien ist das dramatische Exempel für das Menetekel unser Zeit. Fast 350.000 Neuansteckungen an einem Tag. 2767 Sterbefälle. Bei den Infektionen machen jene in Indien mehr als ein Drittel weltweit aus!
Quelle: Indien geht der Sauerstoff aus.

Aussagen wie „Für die meisten Menschen ist Corona nicht gefährlich“ oder „Corona/Covid-19 ist nur wie eine weitere Grippe“, wie man sie im Kreise der Hobbyvirolog:innen immer wieder gehört hat, sind absolut destruktiv und irreführend. In Indien sehen wir, was passiert, wenn dem Virus (nahezu) freien Lauf gelassen wird. Erst jüngst bei #allesdichtmachen wurde unserer Regierung in Deutschland unterstellt, dass sie der Bevölkerung „Angst machen“ will. Zwischen „Angst“ und „antizipierender Verantwortung“ wird nicht unterschieden. Also bitte, Ihr Verängstigten, richtet einfach mal Euren intelligenten Blick nach Indien. Mit 1,4 Milliarden Menschen leben dort fast 20% der Weltbevölkerung! Hier finden wir eine Korrelation „große Anzahl von Menschen“ zu „große Anzahl von Infektionen“. Wenn diese Menschen sich dann noch in einen großen Austausch begeben, dann sind das für das Virus ideale Voraussetzung zur weiteren Verbreitung und für Mutationen, die wiederum die Ausbreitung des Virus fördern. Kein Wunder also, dass Indien mit B.1.617 eine eigene Mutation des Coronavirus zu verzeichnen hat.

Das Land steht beispielhaft für ein außerordentliches Maß an Religiosität und Spiritualität. Die Religionen teilen sich wie folgt auf:
Hinduismus: 80%
Islam: 13,4%
Christentum: 2,3%
Sikhismus: 1,3%
Buddhismus: 0,8%
Jainismus: 0,4%
Sonstige: 0,6%
Quelle: https://indien.de/land-leute/religionen/

Kumbh Mela („Krug-Fest“, 9. April – 8. Mai) ist das weltweit größte religiöse Fest (es ist ein hinduistisches) mit mehreren Millionen Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Vor 10 Tagen sahen wir die Bilder in den Medien mit den ungeschützt und dicht gedrängt im Ganges badenden Menschenmassen. Was unter dem Aspekt der Spiritualität Sinn machen mag, erscheint widersinnig in Anbetracht wissenschaftlicher Erkenntnisse. Für das Virus ideale Verbreitungsbedingungen. Die Wissenschaft gerät unter die Räder.

Indien erscheint als ein dystopisches Reallabor. Es ist sowas wie Anti-Science-Fiction, nur wirklich. Im Übrigen: Stellen wir uns vor, die Menschheit hätte sowas wie eine Zentralintelligenz: Indien wäre sicherlich vorhersehbar und extrapolierbar gewesen. Zumindest innerhalb einer gewissen Schwankungsbreite, so wie man das Wetter in 10 Tagen unscharf vorhersehen kann. Oder das Klima in 10 Jahren. Das Virus macht nichts anderes, als sich evolutionärer Gesetze zu bedienen. Auf der einen Seite ist das trivial, auf der anderen kann dies zu komplexen Szenarien und diversen Zukünften führen.

Die Wissenschaft per se ist in Indien nicht nicht-existent. Ich habe einen passenden Artikel gefunden, der zu dem Attribut „hausgemacht“ im Bereich der Bildung führt:
https://www.wissenschaft.de/gesellschaft-psychologie/wirtschaftswunderland-indien/

1/3 der indischen Bevölkerung sind Analphabet:innen. Millionen von Menschen können also nicht einfach mal eben etwas in der Wikipedia nachlesen oder sich tagesaktuell in den Nachrichten informieren, so wie es für uns völlig „normal“ ist. Es gibt nur wenige Unis mit einem hohen Wissenschaftsniveau, die allerdings nur den elitären Bevölkerungsschichten zur Verfügung stehen. Aktuell soll die Zahl der Menschen, die nicht lesen und schreiben können, sich pro Jahr um 1% verringern. Erstmal gut, dass sich hier was tut; m. E. immer noch zu wenig. Ein Land mit einer so großen Bevölkerung steht vor besonderen Herausforderungen. Interessant ist im Artikel der Punkt, dass in China mit seinen ebenfalls 1,4 Milliarden Einwohnern und Einwohnerinnen, der Zugang zum Bildungssystem für alle relativ einfach und gleichberechtigt sein soll. Im Idealfall könnte man zumindest in Bezug auf dieses Aspekt von China Erkenntnisse gewinnen.

Ich bin der Meinung, dass beide, der spirituelle Osten und der wissenschaftliche Westen – wenn ich beide Töpfe mal so idealisiere – von einander lernen können und sollten. Wir, bspw. in Deutschland, brauchen ein Mehr an Spiritualität. Indien braucht ein Mehr an Wissenschaft und Bildung für jedermann & jede Frau.

Der Tag allein macht uns so wenig glücklich wie eine einsame Nacht. Yin und Yang müssen zusammengedacht werden. Der Glaube, sei es an den Sonnenaufgang des nächsten Tages, lässt uns hoffen. Wissenschaft schafft Wissen und Gewissheit. Von jedem brauchen wir etwas. Und in diesem Moment braucht Indien die Unterstützung der Weltgemeinschaft! Von Impfstoffen, einer gewaltigen Anzahl von Impfdosen bis hin zu Aufklärungskampagnen über Abstandsregeln sowie Bildungschancen.

Spende – Wie eingangs im UPDATE erwähnt, gibt es im Folgenden Möglichkeiten zur Unterstützung der vom Coronavirus geplagten Menschen in Indien:
IndienHilfe Deutschland e.V.:
https://www.indienhilfe-deutschland.de/engagieren/online-spenden.html
Caritas international:
https://www.caritas-international.de/spenden/soforthilfe-akute-katastrophe/indien-hunger-pandemie

Links im Kontext der Berichterstattung über Indien:

NDR Info Podcast Die Korrespondenten in Neu-Delhi mit der Folge
Sauerstoff gibt es nur noch in der Luft (von Silke Diettrich und Peter Hornung) [4/21]

Peter Hornung berichtet bei Sandra Maischberger von der Situation aus und in Neu-Delhi [29.4.21]

Peter Hornung via Twitter

Solidarität im Kampf gegen Covid-19. – Deutschland unterstützt Indien [1.5.21]


#CoronaNews | #MicialPolitics | #MicialPhilosophy

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein abgelegt und mit , , , , , , , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert