Im Zuge der Digitalisierung wurde in den letzten Jahren eine Diskussion darüber entfacht, wie unsere „Arbeitswelt von morgen“ aussehen möge. Bei der Entwicklung von Werkzeugen und Technologien, die den Menschen bei seiner Arbeit und der Erstellung von Produkten unterstützen sollten, ist es in der Geschichte immer wieder zu einschneidenden Umbrüchen gekommen. So spielte beispielsweise die Automatisierung und damit die effizientere Gestaltung von Arbeitsschritten eine große Rolle. Das drohende Damoklesschwert: Die Vernichtung von Arbeitsplätzen und damit das Wegrationalisieren von Menschen und deren Bedeutung in der Arbeitswelt. Gleichzeitig gelang es dem Menschen immer wieder, besondere Merkmale seiner Spezies herauszustellen und ihn, also sich selbst, somit unentbehrlich zu machen im Vorgang der Produktion und der Erschaffung. Die Umbrüche, dessen Ursache der Mensch selbst ist, erfolgen in immer kürzeren Zyklen und scheinen in ihrer Auswirkung stets eklatanter zu werden. Im Jahr 2020 sprechen wir von „New Work“, wenn wir versuchen, unsere Arbeitsprozesse immer effizienter zu gestalten und gleichzeitig dem Menschen per se einen Platz sichern wollen mit Geltung und Bedeutung. So finden jedes Jahr Kongresse statt, wie die New Work Evolution der Firma AppSphere, die sowohl untersuchen als auch beleuchten wollen, wie genau uns die Umsetzung jenes hehren Ansinnens gelingen kann.
Meiner Meinung nach kann ein Überleben der Menschheit nur innerhalb einer Partnerschaft mit KI-Systemen gelingen, die in den kommenden 50 bis 200 Jahren das Erscheinungsbild der auf der Erde lebenden Soziogenten nachhaltig verändern werden, wenn der Mensch auf ein gutes Stück seiner gegenwärtigen Hybris verzichten und sich gleichzeitig ein größeres Selbstbewusstsein im Kontext ethischer Fragen und Belange aneignen wird.
Im Folgenden möchte ich einen neuen Jobtitel vorstellen, der mir im Kontext meiner eigenen Auseinandersetzung mit dem Thema Ethische Intelligenz und in Kombination mit dem neuzeitlichen Tausendsassa New Work in den Sinn gekommen ist.
Impulsgeber/in Ethische Intelligenz (m/w/d)
Alternative Namensgebungen wären
Catalyst Ethische Intelligenz (m/w/d) oder
Catalyst Ethical Intelligence (m/f/d)
Oder auch Mitarbeiter/in Ethische Intelligenz; und wenn es dieser Bereich eines Tages zu einer ganzen Abteilung oder einem bedeutenden Arbeitsbereich bringen sollte, dann wäre ebenso eine Bezeichnung Direktor Ethische Intelligenz denkbar.
Neben einem ((außer)“gewöhnlichen“) Jobtitel könnte es sich in Zukunft ebenso handeln um einen Ausbildungsberuf, eine Weiterbildung oder gar eine Studienrichtung. Wenn wir von Richard David Precht absehen, welchem es sicherlich gelungen ist, überhaupt nie mehr unter Langeweile zu leiden, dann könnte der neue Jobtitel auch dazu beitragen, mehr Philosophen und Philosophinnen in Lohn und Brot zu bringen. Die Ethische Intelligenz ist eine kleine Philosophie. Aber eben nicht nur das. Sie ist geradezu dafür prädestiniert, um lebens- und berufslebenspraktische Fragen zu beantworten und zu einer sukzessiven Veränderung unserer täglichen Umgebung und der Arbeitswelt beizutragen. Das Besondere an der Ethischen Intelligenz ist, dass Ethik und Intelligenz zusammengedacht werden. Die Produkt-, Prozess- und Erfahrungswelt(en) des 21. Jahrhunderts leiden darunter, dass es hier ein bisschen um Ethik geht, und dort ein bisschen um Intelligenz. Doch es gibt keine unmittelbare Stringenz. Der Markt schreit (noch) nicht nach einer Korrelation. Hier und da fällt uns nur auf „Moment mal, hier stimmt doch was nicht!“, so wie bei manchen Herstellern von Rasierklingen. 8 Fächer stehen zur Verfügung, aber nur 5 sind tatsächlich mit einer Klinge befüllt. Und wenn die Kaffeedose nur zu 66% statt zu wünschenswerten 80 oder 90% befüllt ist, dann schenken wir der Aufschrift „Füllhöhe technisch bedingt“ Glauben. Dabei müsste es korrekterweise heißen: „Füllhöhe marketingtechnisch / gewinntechnisch bedingt“.
Das mögliche Aufgabengebiet eines Impulsgebers, einer Impulsgeberin Ethische Intelligenz, möchte ich wie folgt umreißen:
- nach innen:
— Evaluierung der Kommunikationen
— Fairness innerhalb des Betriebes wie Gehaltsfragen, Geschlechtergerechtigkeit; „Du“ vs. „Sie“, gendern vs. nicht gendern etc. pp.
— Evaluierung von Produkten und Dienstleistungen in Hinblick auf Effizienz, Intelligenz und Ethik
- nach außen:
— Evaluierung der Kommunikation
— Qualität der Kundenbeziehungen
— Schaffung von Dialog und Rückkanälen als Feedback-Erfassung für Produkte/Dienstleistungen
— Marktvergleich in Hinblick auf ethisch-intelligente Lösungen und Schaffung eigener
Die Stelle der impulsgebenden Person für Ethische Intelligenz sollte im Unternehmen als frei, ausschwärmend, dynamisch, interdisziplinär und abteilungsübergreifend definiert werden. Charakteristisch für die Position: Unabhängigkeit. Sie ist schon deshalb mit einer großen Verantwortung assoziiert. Es handelt sich in Bezug auf nach innen gerichtete Arbeit um eine Vertrauensperson. Sie gilt als Ansprechpartner/in für Probleme bei den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Ethische Intelligenz ist ein Prinzip. Wenn danach gelebt wird, nach innen und nach außen, dann können daraus Mehrwerte sowohl für die einzelnen Personen des Unternehmens, für die Firma per se und für ihre Kunden entstehen.
Sollten Unternehmen Interesse an der Erstellung eines entsprechenden Stellenprofils haben, so bin ich bei der Ausarbeitung gerne behilflich.
Nur in einem derart selbstbezogenen Kontext wie Karlsruhe kann man, nicht über den eigenen Tellerrand schauen und übersehen, dass es für Philosophie, Sozial- und Geisteswissenschaften ganze Studiengänge gibt.
Eine Ethikstelle macht Diskussion und Kommunikation moralischer, aber nicht besser, sondern konfliktreicher. Denn über Moral lässt sich bekanntlich nicht sterben und zugleich sehr grundsätzlich streiten. Jeder hat eine, aber im aktuellen Individualismus folgt jeder einer anderen Ethik. Dem Begriff und Wert einer Ethik können Viele zustimmen, weil er erstmal rein gar nichts sagt und der Teufel aber bei jedem inhaltlichen Detail aus der Kiste springt und die Zunge herausstreckt – um es metaphorisch auszudrücken.
Brauchen wir nicht, gibt es schon in vielfältiger Form.
Sprichst Du immer von „wir“, wenn Du den eigenen Kleingeist meinst? 😀